Ektoparasiten bei Schafen

Aus dem Stamm der Arthropoden sind neben den Milben vor allem Vertreter der Klasse Insectea von Bedeutung. Insekten stellen nicht nur Lästlinge, sondern auch Krankheitserreger und Krankheitsüberträger dar. Die größte Rolle als Ektoparasiten des Schafes spielen aus dieser Gruppe Läuse, Haarlinge, sowie die Lausfliege. Bereits die starke Belästigung der Tiere durch die Insekten führt zu erheblicher Leistungsminderung und zu wirtschaftlichen Verlusten, die durch effektive Bekämpfungsstrategien deutlich gemindert werden können.

Läuse und Haarlinge

Erreger
Läuse und Haarlinge parasitieren oft gemeinsam auf der Haut und in der Wolle des Schafes. Beide Parasitosen treten gehäuft im Winter auf.

Der Haarlingsbefall, auch Trichodektose oder Mallophagidose genannt wird beim Schaf hervorgerufen durch Bovicola ovis. Eine Infestation mit Läusen wird auch als Pedikulose bezeichnet und ist beim Schaf eher selten anzutreffen. Auf Schafen parasitiert die Schaflaus Linognathus ovillus.

Wie die Läuse gehören auch die Haarlinge zu den Insekten, sie besitzen drei Beinpaare an deren Enden sich bei den Haarlingen kräftige Krallen, bei Läusen Klauen befinden, mit denen sie sich in der Wolle festhalten können.
Im Unterschied zu den Läusen ist der Kopf der Haarlinge breiter als ihr Thorax und sie besitzen beißende Mundwerkzeuge, während Läuse stechend-saugende Mundwerkzeuge besitzen. Männliche Haarlinge erreichen eine Größe von bis zu 1,2 mm, weibliche bis zu 1,5 mm.

Entwicklungszyklus
Die weiblichen Haarlinge kleben ihre Eier am Grund der Schafwolle an, aus denen dann Larven schlüpfen, die sich über drei Larvenstadien zu erwachsenen Haarlingen entwickeln. Haarlinge leben auf der Hautoberfläche und in der Wolle der Schafe und ernähren sich von Hautschuppen und Hautsekreten, sind aber keine Blutsauger wie die Läuse. Sie sind streng wirtsspezifisch und können außerhalb des Wirtes nur ca. 8 Tage überleben.

Die Schaflaus gehört hingegen (wie die Rinderlaus) zu den blutsaugenden Insekten. Nach der Paarung kleben die weiblichen Läuse ihre Eier an die Wolle des Schafes. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven saugen bereits Blut und entwickeln sich über drei Häutungen zu erwachsenen Läusen. Die Eier sind durchsichtig und mit bloßem Auge im Vlies kaum zu erkennen. Die Entwicklung dauert bei Haarlingen etwa 3 Wochen, bei Läusen ca. 4 – 5 Wochen. Haarlinge haben eine Lebensdauer von 8 Wochen, Läuse nur von 2 Wochen.

Klinisches Erscheinungsbild
Haarlingsbefall führt bei Schafen zu starkem Juckreiz, die Tiere scheuern sich an Gegenständen und Zäunen und es kommt zu Wollverlust. Nach und nach zeigen sich flächenförmige kahle Stellen mit entzündlichen Hautveränderungen. Aufgrund der Größe können Haarlinge im Vlies mit bloßem Auge oder unter Zuhilfenahme einer Lupe gesehen werden.

Läuse saugen Blut und führen bei Schafen zum Auftreten einer vermehrten Unruhe, zu Juckreiz und Gewichtsverlust. Insbesondere bei gleichzeitigem Befall mit dem blutsaugenden Endoparasiten Haemonchus contortus kann eine Anämie auftreten. Läuse sammeln sich vor allem im Kopf- und Halsbereich der Schafe und sorgen insgesamt für eine verminderte Wollqualität. Auch zur Verfärbung des Vlieses kann es kommen.

Diagnose
Aufgrund ihrer Größe sind Haarlinge und Läuse mit bloßem Auge oder mit einer Lupe relativ gut zu erkennen. Es empfiehlt sich, die Tiere in Ruhe zu beobachten um Juckreiz feststellen zu können.  Bei Diagnoseunsicherheit können auch Proben von den Prädilektionsstellen am Übergang von befallenem zu gesundem Gewebe entnommen und mikroskopisch untersucht werden.

Prophylaxe und Therapie
Als Prophylaxemaßnahme wird empfohlen, neu hinzugekaufte Tiere separat aufzustallen und vor der Zustallung auf Läuse und Haarlinge zu untersuchen und gegebenenfalls zu behandeln.

Medikamentös können bei Läuse- und Haarlingsbefall Präparate mit Wirkstoffen aus der Gruppe der synthetischen Pyrethroide und Organophosphate erfolgreich angewendet werden. Die Tiere sollten zuerst geschoren und dann mit Aufgusspräparaten behandelt werden. Vorteilhaft ist der Residualeffekt gegen viele Ektoparasiten, der nach der Behandlung längere Zeit in der Wolle bestehen bleibt. Auch Avermectine können eingesetzt werden, diese sind jedoch per Injektion zu verabreichen.

Lausfliegen

Erreger
Schaflausfliegen werden oft fälschlicherweise als „Schafzecken“ bezeichnet. Sie zählen zu den blutsaugenden Insekten und verursachen hauptsächlich Minderleistungen und Wollschäden.

Die Lausfliege des Schafes Melophagus ovinus gehört zur Familie der Diptera (= Zweiflügler) und wird den Brachyzera (= Fliegen) zugeordnet, obwohl sich ihre Fliegenmerkmale zurückgebildet haben. So hat die Schaflausfliege keine Flügel mehr und nur gering entwickelte Augen.

Sie erreicht eine Länge von maximal 6 mm, ist extrem flach  abgeplattet und hat einen dicken Hinterleib. Die beborstete und rötlich-braun gefärbte Fliege verfügt über 6 kräftige Beine mit Greifkrallen.

Lausfliegen stellen eine potentielle Zoonose dar.

Entwicklungszyklus, Lebensweise und Übertragung
Mit ihren kräftigen Krallen halten sich Schaflausfliegen in der Wolle der Schafe fest und bleiben stationär auf ihrem Wirt, da sie ja nicht mehr über Flügel verfügen. Die Wirtsfindung erfolgt durch Körperkontakt zweier Wirtstiere. Die Schaflausfliegen kriechen dabei von Schaf zu Schaf. So erfolgt auch eine Übertragung vom Muttertier auf die Lämmer. Schaflausfliegen sind wirtsspezifisch. Sie leben ca. 4 – 6 Monate im Vlies der Schafe. Die Paarung findet auf dem Wirt statt. Lausfliegen sind vivipar, sie bringen verpuppungsreife Larven zur Welt. In Mitteleuropa findet sich nur eine Generation pro Jahr. Larven und Puppen leben teils am Boden, teils in der Wolle des Schafes.

Klinisches Erscheinungsbild
Schaflausfliegen kriechen im Vlies des Schafes herum und führen so zu starkem Juckreiz mit Kratzen und Scheuern. Die Parasiten halten sich bevorzugt im Hals und Brustbereich der Tiere auf. Es kommt zu Wollausfall, allergischer Dermatitis und zur Abmagerung der stark gestressten Tiere. Außerdem färbt der Kot der Schaflausfliegen das Vlies grünlich. Vor allem Lämmer können bei massivem Befall auch eine Anämie entwickeln und sogar sterben, da jede adulte Fliege 3-15g Blut innerhalb von 36 Stunden zu sich nimmt.

Prophylaxe und Therapie
Positiv wirkt sich eine zweimal jährliche Schur der Schafe aus, besonders der Mutterschafe vor dem Ablammen. Bei sehr starkem Befall können Insektizide eingesetzt werden, wobei darauf zu achten ist, dass nicht nur adulte Fliegen, sondern auch Larven und Puppen mit erfasst werden. Geeignet sind auch hier pour-on Präparate mit Organophosphaten als Wirkstoff. Diese Präparate sind leicht anzuwenden und wirken sehr gut gegen die Fliegen, sowie gegen alle anderen relevanten Ektoparasiten des Schafes.

Räude

Die durch verschiedene Milbenarten ausgelöste Räude ist in der Schafhaltung von großer Bedeutung. Die entstehenden Schäden sind abhängig vom auslösenden Erreger und der Beteiligung von Sekundärinfektionen. Immer kommt es jedoch zu einer enormen Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Tiere und das Resultat sind erhebliche Leistungseinbußen. Starker Juckreiz führt zudem zu ausgeprägten Vliesschäden und zu einem Wollverlust für den Schafhalter.

Erreger
Die Schafräude ist eine ansteckende, parasitäre Erkrankung, die sowohl in der Stallhaltungs- als auch in der Weideperiode vorkommen kann. Beim Schaf wird Räude durch drei verschiedene Milbenarten hervorgerufen: 

  • Psoroptes ovis löst „Körperräude“ aus (oder „klassische Schafräude“), 
  • Sarcoptes ovis löst „Kopfräude“ aus und 
  • Chorioptes ovis löst „Fußräude“ aus, 

die Bezeichnungen resultieren aus den jeweiligen Prädilektionsstellen der Milben.

Die klassische Schafräude wir durch Psoroptes ovis verursacht. Psoroptesmilben sind obligate, permanente Parasiten. Erwachsene weibliche Milben erreichen eine Größe von ca. 0,8 mm, erwachsene männliche Milben bis zu 0,6 mm. Die Milben stechen von der Hautoberfläche aus mit Hilfe ihrer Mundwerkzeuge Lymphkapillaren an und ernähren sich durch aufsaugen der austretenden Lymphe, selten auch von Blut. Psoroptesmilben sind abseits ihres Wirtes relativ lange, ca. 7-12 Wochen überlebensfähig.

Die Kopfräude der Schafe wird hervorgerufen durch die Grabmilbe Sarcoptes ovis. Erwachsene männliche Milben erreichen eine Größe von bis zu 0,3 mm, erwachsene weibliche Milben bis zu 0,5 mm. Sarcoptesmilben bohren Gänge in die oberen Hautschichten und ernähren sich von der austretenden Gewebeflüssigkeit. Sie haben ein gewisses zoonotisches Potential und können beim Menschen zur Pseudoscabies führen, die jedoch zumeist selbstlimitierend ist.

Die Erreger der Fußräude beim Schaf sind die Nagemilben Chorioptes ovis. Erwachsene männliche Milben haben eine Größe von bis zu 0,4 mm, weibliche von bis zu 0,6 mm. Diese Milben dringen nicht in die Haut ein, sondern nagen die obersten Hautschichten an und ernähren sich von Epidermiszellen, Talg und Entzündungsprodukten. Abseits von ihrem Wirt überleben die Milben etwa 10 Wochen.

Entwicklungszyklus
Alle beim Schaf vorkommenden Milbenarten entwickeln sich über ein Larvenstadium und zwei Nymphenstadien zur adulten Milbe, die komplette Entwicklung findet auf dem Wirtstier statt. Die weiblichen Milben scheiden nach der Kopulation Eier aus. Bei Psoroptes und Chorioptes befinden sich alle Stadien von Larven, Proto- und Tritonymphen, bis zu Adulten auf der Hautoberfläche, dort findet auch die Eiablage statt. Psoroptes ovis bevorzugt Körperstellen mit dichter Unterwolle. Sarcoptesmilben legen ihre Eier in den Bohrgängen ab. Männliche Nymphen entwickeln sich in den Bohrgängen zu adulten Milben und kommen erst dann an die Hautoberfläche, weibliche Individuen begeben sich bereits als Nymphe an die Hautoberfläche, kopulieren dort mit adulten Männchen und entwickeln sich erst daraufhin zur adulten Milbe. Sie bohren sich anschließend wieder in die Haut ein, um erneut mit der Eiablage zu beginnen.

Den kürzesten Entwicklungszyklus weisen die Psoroptesmilben auf (ca. 16 Tage), den längsten die Sarcoptesmilben (ca. 25 Tage). Chorioptesmilben legen nach ca. 20 Tagen erneut Eier. 

Übertragung
Die Milbenübertragung erfolgt vorzugsweise über direkten Kontakt mit infestierten Schafen. So werden die Milben horizontal innerhalb der Herde, aber auch vertikal von den Mutterschafen auf die Lämmer, übertragen. Auch Einrichtungsgegenstände wie Raufen, Stallwände oder Zäune, die als Scheuerstellen bei Juckreiz verwendet werden, tragen zur Erregerübertragung bei. Oftmals erfolgt eine Einschleppung durch neu hinzugekauft, asymptomatische Milbenträger. Vom ersten Kontakt eines Schafes bis zum Auftreten erster erkennbarer Symptome vergehen etwa 4 Wochen.

Lokalisation und Erscheinung der Läsionen
Die klinische Symptomatik ist abhängig von der Milbenart und der Lokalisation der Veränderungen. Die durch Sarcoptes- und Psoroptesmilben verursachte Körper- bzw. Kopfräude tritt meist in den Wintermonaten auf. Bei der Körperräude (Psoroptes) sind vor allem die dicht bewollten Regionen von Hals, Rücken, Rumpf und Flanken betroffen. Durch das Anstechen der Epidermis kommt es zu hochgradiger Exsudation und oberflächlichen Entzündung der Haut, verbunden mit einem starken Juckreiz. Durch das Kratzen und Scheuern der Tiere treten Hautveränderungen von kahlen Stellen bis hin zu dicken Krusten auf, besonders an Schultern, Rücken, Hals und Flanken. Oft kommt es zu bakteriellen Sekundärinfektionen, die das klinische Bild verschlimmern. Die Wollqualität wird stark beeinträchtigt, die Tiere magern ab und in seltenen Fällen kann es sogar zum Tod der Tiere kommen. Neben dieser akuten Verlaufsform einer Psoroptesinfestation ist auch eine seltenere, chronisch-latente Verlaufsform beschrieben. In diesem Fall beschränken sich die Milben auf den äußeren Gehörgang.. Die klinischen Auswirkungen sind dann nur lokal und oft schwer zu erkennen, solche Tiere können leicht die Milben in einen Bestand einschleppen.

Die durch die Grabmilbe Sarcoptes ovis hervorgerufene Kopfräude befällt Schafe aller Altersgruppen. Anfangs lassen sich haarlose, borkig-schuppige Hautveränderungen zirkulär um die Augen beobachten. Später dehnen sich die Veränderungen auf den Nasenrücken, den Stirnbereich, die Umgebung der Nasenöffnungen und das Maul aus und im fortgeschrittenen Stadium auch auf die Außen- und Innenflächen der Ohren. An den Ohren zeigen sich zunächst dezente, knötchenförmige Eiterherde, die sich nach und nach zu schorfig-blutigen Hautschwellungen mit borkigen Belägen entwickeln. Nur vereinzelt können diese Hautveränderungen auch am Euterspiegel, am Brustbein und den Schenkelinnenflächen auftreten.

Die durch die Nagemilben Chorioptes ovis verursachte Fußräude führt zu Bläschen und Krusten, die hauptsächlich an der Hintergliedmaße im Bereich der Tarsalgelenke, der Schenkelinnenflächen und Fesselbeugen beobachtet werden können. Bei männlichen Tieren ist oft das Skrotum mit betroffen. In Folge einer chronischen Entzündung kann es sogar zur Unfruchtbarkeit der Böcke kommen.

Wirtschaftliche Bedeutung
Die große wirtschaftliche Bedeutung der Räude beim Schaf besteht in der stark verminderten Woll- und Lederqualität und der schlechten Fleischleistung der Tiere. Die häufigste und wirtschaftlich verlustreichste Räudeform ist die Psoroptesräude. Da sich alle Räudeformen sehr schnell innerhalb der ganzen Herde ausbreiten, entstehen schlagartig wirtschaftliche Schäden von beträchtlicher Höhe. Nur eine sorgfältige Prophylaxe kann diese Schäden verhindern.

Diagnose
Der direkte Erregernachweis erfolgt durch ein Hautgeschabsel am Übergang der gesunden zur veränderten Haut und anschließender mikroskopischer Untersuchung. Die verschiedenen Milbenarten können durch ihre unterschiedliche Körperform unter dem Mikroskop differenziert werden. Da jedoch in jeder zweiten Probe infestierter Tiere keine Milben nachgewiesen werden können, sind oft mehrere Geschabsel zur Diagnose erforderlich. Ein indirekter Erregernachweis kann mittels ELISA erfolgen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass zwar schon zwei Wochen nach dem ersten Kontakt der Schafe mit den Milben mit einer positiven serologischen Reaktion gerechnet werden kann, dass aber auch nach erfolgreicher Behandlung die Antikörpernachweise noch 3 – 5 Monate positiv ausfallen. Daher ist diese Methode ist vor allem für epidemiologische Untersuchungen geeignet.

Prophylaxe und Therapie
Bei einem Räudebefall sollte aufgrund der direkten Milbenübertragung die gesamte Herde behandelt werden. Die Bekämpfungsstrategie muss sich dafür nach dem Lebenszyklus der Milben richten. Vor der Behandlung empfiehlt es sich, die Tiere zu scheren, da die Milben auf der Hautoberfläche leben und die äußerlich anwendbaren Antiparasitika dadurch besser an den Wirkungsort gelangen. Zur Verfügung stehen Tauch-, Sprüh- und Waschbehandlungen. Wichtig ist, dass die gesamte Körperoberfläche behandelt wird, um den Milben keine Rückzugsmöglichkeiten einzuräumen. Es sollten auf jeden Fall zwei Behandlungen im Abstand von 7 - 14 Tagen durchgeführt werden. Geeignete Wirkstoffe sind Organophosphate und Pyrethroide. Solche Präparate haben zudem den Vorteil eines Residualeffektes in der Wolle auch gegen andere Ektoparasiten. 

Gleichzeitig müssen alle Einrichtungsgegenstände, sowie Zäune und andere Kontaktgegenstände mit milbenwirksamen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln behandelt werden.

In den kalten Wintermonaten können auch Avermectinhaltige-Injektionspräparate eingesetzt werden, um die Tiere nicht von außen befeuchten zu müssen.