Mastitis bei Milchkühen

Mastitiden haben bei der Kuh eine große wirtschaftliche Bedeutung, da sie zu erheblichen Milchverlusten führen. Sie zählen als wesentlichstes Gesundheitsproblem der Milcherzeugung. Mastitiden werden in erster Linie von Bakterien und Mykoplasmen ausgelöst. Die Infektion kann:

- galaktogen, also über Strichkanal und Zitzenzisterne erfolgen, sowie
- hämatogen, wobei Erreger über die Blut-Euter-Schranke ausgeschwemmt werden, oder
- lymphogen durch Wunden an Haut und Zitzen oder Insektenstiche.

Der galaktogenen Infektion, hervorgerufen durch Melktechnikfehler, schlechtes Ausmelken, Haltungs- und Fütterungsfehler sowie Euteranomalien, kommt die größte Bedeutung zu. Dem Infektionsdruck von außen steht die biologische Abwehr der Milchdrüse gegenüber, die sich aus Abwehrbarrieren, wie Strichkanalschließmuskel oder Zitzenzisternenepithel und Abwehrmechanismen, wie Ausschwemmung oder Aktivierung der Immunabwehr, zusammensetzt, wobei die Blut-Euter-Schranke eine wesentliche Rolle einnimmt. Insgesamt lässt sich die Mastitis beim Rind in verschiedene Formen einteilen.

Mastitisformen

Katarrhalische Mastitis

Bei der Mastitis catarrhalis können drei Verlaufsformen unterschieden werden: Eine akute, eine chronische und eine subklinische Verlaufsform.

Akute katarrhalische Mastitis

Die Mastitis catarrhalis ist kontagiös und wird unter anderem durch Streptokokken, dabei hauptsächlich Str. agalactiae, Str. uberis und seltener Str. dysgalaktiae, sowie durch Staphylococcus aureus versursacht, indem die Erreger über den Strichkanal eindringen. Die Infektion erfolgt also galaktogen. Die erkrankten Mammakomplexe sind adspektorisch leicht vergrößert bis stark geschwollen, zeigen zum Teil eine bläuliche Verfärbung und palpatorisch eine deutliche Schmerzhaftigkeit. Der Milchcharakter des Sekrets ist aufgehoben. Das Sekret ist dünn-wässrig und enthält in der Regel Flocken geronnener Milch. Aufgrund der hohen Toxinausschüttung zeigen erkrankte Rinder klinisch Fieber, zum Teil Apathie und eine reduzierte Fresslust.

Chronische katarrhalische Mastitis

Im Fall der chronischen Mastitis catarrhalis treten die entzündlichen Veränderungen der Milchgänge und der Milchzisterne in den Vordergrund. Das betroffene Rind erscheint nach außen hin gesund. Die erkrankte Euterhälfte atrophiert mit der Zeit, es bilden sich polypöse, knotige oder fungiöse Wucherungen, die sich palpieren lassen. Das Sekret ist vermindert, aber nicht zwingend verändert. Vereinzelt lassen sich Flocken nachweisen. Unter anderem führen häufig Mycoplasma bovis oder andere Mykoplasmen zur chronischen Form der Mastitis catarrhalis.

Subklinische katarrhalische Mastitis

Die subklinische Mastitis catarrhalis ist äußerlich unauffällig, allerdings ist die Zellzahl der Milch deutlich erhöht. Ursächlich verantwortlich sind hier häufig B-Streptokokken und Staphylococcus aureus. Als disponierende Faktoren spielen die Melkmaschine und die -technik eine bedeutende Rolle.

Mastitis acuta gravis, „Colimastitis“

Die Colimastitis wird, wie der Name schon sagt, hauptsächlich verursacht durch Coli-Bakterien. In Frage kommen aber auch Klebsiella pneumoniae, Fusobacterium necrophorum, Pseudomonas aeruginosa oder Trueperella pyogenes und andere Keime, auch Mischinfektionen sind möglich. Die Infektion erfolgt galaktogen oder hämatogen. Betroffen sind entweder nur ein Mammakomplex oder mehrere gleichzeitig.

Klinisch steht beim Rind eine hochgradige schmerzhafte Schwellung des Euters mit Hyperämie und Zyanose der Haut im Vordergrund. Das Allgemeinbefinden ist erheblich gestört, oft kommen betroffene Kühe schnell zum Festliegen, die Milch ist wässrig-blutig, eitrig-blutig oder sogar jauchig und von zahlreichen Fibrinflocken durchmengt.

Chronisch eitrig-abszedierende Mastitis

Die chronische eitrig-abszedierende Mastitis wird häufig durch Trueperella pyogenes hervorgerufen und deshalb auch als „Pyogenesmastitis“ bezeichnet. Synonym wird oft auch von der sogenannten „Holsteinischen Euterseuche“ gesprochen.

Betroffen sind vor allem Färsen und nicht-laktierende Kühe. Die akute Form der chronischen eitrig-abszedierenden Mastitis stellt eine eitrige Galaktophoritis und Mastitis dar, während bei der chronischen Form multiple linsen- bis faustgroße Abszesse auftreten. Auch Fistelbildungen mit der äußeren Haut sind möglich. Die Infektion erfolgt überwiegend über den Strichkanal und durch Wunden (Fliegenstiche), aber auch hämatogen.

Interstitielle nichteitrige Mastitis

Ursächlich für eine interstitielle nichteitrige Mastitis können u.a. Brucellen, Listerien, Leptospira hardjo und einzellige Algen sein. Die interstitielle nichteitrige Mastitis kann nur histologisch nachgewiesen werden, da die betroffenen Kühe ein ungestörtes Allgemeinbefinden zeigen und das Euter unauffällig erscheint. Der Verlauf ist subklinisch. Lediglich die Milchleistung geht stark zurück.

Granulomatöse Mastitis

Die granulomatöse Mastitis oder auch Eutertuberkulose des Rindes genannt, tritt in drei Formen auf: Man unterscheidet die

  • Disseminierte Miliartuberkulose 
  • Das Eutergewebe ist gleichmäßig von verkästen und verkalkten Tuberkeln durchsetzt. Auch die regionären Lymphknoten weisen Tuberkel auf.
  • Chronische lobulär-infiltrierende Eutertuberkulose
  • Die häufigste Form der granulomatösen Mastitis. An der Euteroberfläche bilden sich große Knoten, das interlobuläre Bindegewebe ist verbreitert, was zu einer deutlicheren Septierung des Euters führt. Die regionären Lymphknoten sind im Allgemeinen nicht verändert.
  • Mastitis caseosa
    Es kommt zu einer Verkäsung großer Euterareale, sodass es zur Verhärtung des Euters kommt. Die regionären Lymphknoten sind regelmäßig miterkrankt. Insgesamt ist die Mastitis caseosa als Überempfindlichkeitsreaktion zu verstehen und tritt im Gefolge der Frühgeneralisation durch die verminderte Abwehrkraft auf, oder im Rahmen einer chronischen Organtuberkulose durch Niederbruch der Widerstandskraft.. 

Die Infektion erfolgt jeweils hämatogen.

Diagnostik

Grundlage der Mastitis-Diagnostik ist die regelmäßige Bestimmung der Zellzahl, eine bakteriologische Untersuchung der Milch, die klinische Euteruntersuchung und die Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen. Untersuchungen zufolge liegen 70 – 80% der Mastitis verursachenden Faktoren im Bereich der Fütterung und Stallhygiene. Problematisch ist die Tatsache, dass nur etwa ein Zehntel der Mastitisfälle eines Bestandes klinisch auffällig sind und rund neun Zehntel subklinisch verlaufen.

Prophylaxe

Unbehandelte Tiere scheiden Erreger aus und stellen damit eine Gefahr für den gesamten Bestand dar. Die ständige Kontrolle des Zellgehaltes der Milch der Einzelkühe (MLP-Daten) oder der Leitfähigkeit als indirektem Parameter des Zellgehaltes sind daher unumgänglich.

Umweltassoziierte Mastitiserreger sind in fast jedem Stall und auf der Haut der Tiere anzutreffen. Durch schlechtes Stallklima und mangelhafte Hygiene der Liegeflächen steigt der Keimdruck. Prophylaktisch sollte somit das Hauptaugenmerk auf eine optimale Stall- und Melkhygiene gelegt werden.

Allgemeine Hinweise zur Therapie

Therapeutisch kommt je nach Schweregrad eine Antibiotikatherapie in Frage, die systemisch und/ oder nur intrazisternal bzw. kombiniert erfolgen kann. Bei einer Colimastitis sollte das Antibiotikum intravenös appliziert werden. Hat die Kuh zusätzlich Fieber oder das erkrankte Euterviertel zeigt eine starke Schwellung sollten auch zusätzlich NSAIDs zum Einsatz kommen.