Krankheiten bei Rindern

Hier erhalten Sie eine Übersicht über die wichtigsten Krankheiten bei Rindern, darunter Neugeborenendiarrhoe, Kälberdurchfall, Kokzidiose, E. coli und Rindergrippe (auch bekannt als Enzootische Bronchopneumonie). Erfahren Sie mehr über die Symptome, Prävention und Behandlung dieser häufig auftretenden Gesundheitsprobleme.

Neugeborenendiarrhoe

Die Neugeborenendiarrhoe ist die häufigste Erkrankung von Kälbern und mit nahezu 50% Mortalität die wichtigste Ursache für Tierverluste in den ersten Lebenswochen.

Ursachen

Grundsätzlich sind infektiöse und nicht-infektiöse Ursachen zu unterscheiden, wobei hier das Hauptaugenmerk auf die infektiösen Ursachen gelegt wird. Die Mehrheit neonataler Durchfälle werden durch Viren, insbesondere Rota- und Coronaviren, durch Bakterien, hier ist vor allem E. coli zu nennen, oder durch die Protozoen Kryptosporidien verursacht.

Übertragung

Betroffen sind Kälber in den ersten zwei bis drei Lebenswochen. Die Mortalitätsrate in Deutschland liegt über 10% und die wirtschaftlichen Verluste bei etwa 30%. Die Inkubationszeit beträgt 24 – 48 Stunden und ist bei Coronaviren etwas länger als bei Rotaviren. Die Übertragung erfolgt bei

  • Rota- und Coronavirenoronasal, also von Tier zu Tier;
  • E. coli Bakterien durch Schmierinfektion, also über Kot oder mit Kot verunreinigtem Futter oder Wasser;  
  • Kryptosporidien durch Oozysten, die von infizierten Tieren mit dem Kot ausgeschieden und von anderen Tieren oral aufgenommen werden.
     

Klinischer Verlauf

Rotaviren lösen akuten Durchfall mit wässrigem, hellgelbem Kot aus. Daher entwickeln die Tiere eine zum Teil stark ausgeprägte Exsikkose, sowie eine deutliche Azidose und Hypoglykämie. Coronaviren lösen neben Durchfall auch Erkrankungen des Atemtraktes aus. Rota- und Coronaviren führen zu einer massiven Schädigung der Darmschleimhaut und zur Atrophie der Dünndarmzotten. Zusätzlich kann es zum Wachstumsstillstand des Kalbes und damit zum Kümmern führen.

E. coli Bakterien führen ebenfalls zu vermehrten Wasserverlusten über den Darm und Kryptosporidien, die als einzellige Protozoen weltweit vorkommen, lösen schwere Durchfälle und Fieber aus. Kryptosporidien können auch vom Tier auf den Menschen übertragen werden (Zoonose-Erreger). Sie sind sehr widerstandsfähig, können in feuchter Umgebung bis zu 6 Monate überleben und bleiben bei Zimmertemperatur bis zu 4 Monate infektiös. Rotaviren bleiben bei Zimmertemperatur sogar bis zu 12 Monate infektiös.
 

Prophylaxe

Haltungsmanagement 

Da sich die Kälber i. d. R. bereits während oder kurz nach der Geburt mit den Erregern infizieren, sollte als Prophylaxe ein strenges Hygienemanagement eingehalten werden. Dazu zählt unter anderem die Abkalbung in separaten, trockenen Abkalbebuchten, die gründliche Reinigung und Desinfektion der Kälberboxen vor jeder Neubelegung und die gründliche Säuberung der Tränkeeimer und Nuckel mit Wasser und Reinigungsmitteln nach jedem Tränken.

Kolostrum

Da die Kälber nach der Geburt keine spezifischen Antikörper im Blut aufweisen ist eine frühzeitige Aufnahme ausreichender Mengen antikörperreichen Kolostrums lebensnotwendig. Das Kolostrum von Färsen und neu zugekauften Kühen enthält jedoch weniger Abwehrstoffe als das von Altkühen aus eigenem Bestand, sodass es vorteilhaft ist, überschüssiges Kolostrum von Altkühen einzufrieren und bei Bedarf Färsenkälbern zu verabreichen.

Die erforderliche Kolostrummenge ist abhängig von der Körpermasse des Kalbes, vom Zeitpunkt der Verabreichung und von der Immunglobulinkonzentration im Kolostrum selbst. Die Absorptionsrate der Immunglobuline des Kolostrums nimmt relativ rasch ab, sie ist bereits 14 Stunden nach der Geburt um 30% vermindert.

Mutterschutzimpfungen

Eine weitere Prophylaxemaßnahme ist die Muttertierimpfung. Geimpft werden kann gegen Rota- und Coronaviren und gegen E. coli. Das Prinzip beruht auf der Bildung von schützenden Antikörpern durch das geimpfte Muttertier, das anschließend die Antikörper über das Kolostrum bzw. die Milch an das Kalb abgibt. Dadurch wird das Kalb in der ersten Zeit nach der Geburt gegen die Durchfallerreger geschützt, bis es in der Lage ist, die eigene Körperabwehr aufzubauen. Zu beachten ist hierbei, dass die Kälber das mit Antikörpern versehene Kolostrum nicht nur direkt nach der Geburt, sondern möglichst noch die ersten 10 Tage nach der Geburt erhalten. So wird die lokale Immunabwehr im Kälberdarm gefördert, sodass sich die Erregerim Darm schlechter anheften und vermehren können.

Therapie

Orale Rehydration 

Hat sich das Kalb nach der Geburt infiziert und zeigt Krankheitssymptome, müssen in erster Linie die Folgen des Durchfalls, wie Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Puffersubstanzverlust ausgeglichen werden. Die Deckung des Nährstoff- und Energiebedarfs des Kalbes muss das primäre Ziel der Therapie sein.

Solange die Tiere noch Tränke aufnehmen können geeignete Flüssigkeits-Elektrolyt-Tränken als Zwischentränken zusätzlich zu den Mahlzeiten verabreicht werden oder direkt in Milch oder Milchaustauscher eingemischt werden. Gute Rehydratationspräparate enthalten Glucose als Energieträger und Puffersubstanzen, um der metabolischen Azidose entgegen zu wirken. Der Glucosegehalt darf jedoch nicht so hoch sein, dass es zu einer osmotischen Wirkung kommt. Zugesetzte Puffersubstanzen dürfen die Milchverdauung nicht beeinträchtigen, da in mehreren Studien gezeigt werden konnte, dass das Absetzen der Milchtränke bei Durchfallkälbern obsolet ist. Empfehlenswerte Puffersubstanzen sind Acetat und Propionat, da sie im Gegensatz zu Citrat und Bicarbonat die Labgerinnung nicht negativ beeinflussen.
 

Infusionstherapie

Trinken die Tiere nicht mehr selbständig und sind deutlich dehydriert, ist die Infusionstherapie das Mittel der Wahl. Bei schwerer Exsikkose sollten 10 Liter Infusionslösung innerhalb von 24 Stunden verabreicht werden, bei mäßiger Exsikkose 5 Liter innerhalb eines Tages. Fängt das Kalb nach der Infusion wieder an zu trinken, kann auf orale Rehydratation umgestellt werden. Wichtig ist, dass Hautturgor und Bulbuslage des Auges immer wieder kontrolliert werden, um den Grad der Exsikkose bzw. des Therapieerfolges abschätzen zu können.

Behandlungsziele sind Rehydratation, Korrektur des Elektrolythaushaltes, Korrektur des Säure-Base-Haushaltes, Korrektur des Energie- und Proteinhaushaltes, Normalisierung der Verdauung durch diätetische Maßnahmen und Ausheilung des geschädigten Darmepithels.
 

Zusatzmaßnahmen bei schweren Verlaufsformen

Bei Fieber, stark gestörtem Allgemeinbefinden oder Zusatzerkrankungen sollten auch Antibiotika und Entzündungshemmer gegeben werden. Gute Wirkung bei bakteriellen Sekundärinfektionen zeigen Antibiotika mit breitem Wirkungsspektrum, wie beispielsweise Fluorchinolone.

Zur Behandlung bei Nachweis von Kryptosporidien ist derzeit nur der Wirkstoff Halofuginon zugelassen.

Kälberdurchfall

Kälberdurchfall zählt zu den Faktorenerkrankungen, die in der Regel ein Bestandsproblem darstellen. Verantwortlich können Viren, Bakterien und/ oder Parasiten sein, sowie eine schlechte Hygiene und falsche Fütterung.

Zu den viralen Erregern zählen überwiegend Coronaviren, Rotaviren, Toroviren und das BVD-Virus, zu den bakteriellen Auslösern E. coli, Clostridien, Salmonellen und Campylobacter und zu den parasitären Erregern Kryptosporidien, Kokzidien und Strongyloiden.

Bei den Hygiene- und Fütterungsmängeln handelt es sich überwiegend um die unzureichende Versorgung mit Kolostrum oder um einen zu geringen Immunglobulingehalt im Kolostrum, schlechte Geburtshygiene, falsche Tränketemperaturen, verschmutztes, insbesondere kotverschmutztes Futter und Wasser und falsche Zusammensetzung des Milchaustauschers.

Erregerspektrum und Pathogenese

Virale Erreger 

Bei Darminfektionen mit viraler Beteiligung kommt es zum Funktionsverlust der Mikrovilli im Darm, was zu einer verringerten Disaccharidoseaktivität führt. Lactose verbleibt im Darm und steigert somit den osmotischen Druck. Es kommt zu einer vermehrten Flüssigkeitsansammlung im Darm, zu Elektrolytverlusten, einer Erhöhung der Darmmotilität und schließlich zu Diarrhoe und Exsikkose.

Bakterielle Erreger

Primär oder sekundär können bakterielle  Infektionen Diarrhoe auslösen. Die beteiligten Bakterien produzieren oft Toxine, sodass die Darmschleimproduktion ansteigt. Resultierend kommt es zur Minderproduktion oder zum Sistieren der enteralen Enzymproduktion. Die erhöhte Schleimproduktion führt zu Verdünnungseffekten und die fehlende Enzymproduktion löst Fäulnis- und Gärungsprozesse, sowie verminderten Nahrungsabbau aus. Der pH-Wert ändert sich, die Elektrolytverluste und die Exsikkose nehmen zu, sodass es zur Azidose, zum Teil auch zur Sepsis kommen kann.

Zusätzlich können normale, apathogene Dickdarmbakterien wie E. coli durch Veränderungen des Darmmilieus in den Dünndarm gelangen, wo sie pathogen wirken und das Darmepithel schädigen.

Parasitäre Erreger

Kryptosporidien

Beim Kalb führt Cryptosporidium parvum zu Durchfall oder verschlimmert diesen. Die infektiösen Oozysten der Kryptosporidien besiedeln Ileum und Jejunum. Sie parasitieren intrazellulär und schädigen so die Enterozyten, was zu einer Malabsorptionsdiarrhoe führt. Die Darmkrypten können hyperplasieren und führen in der Folge zu einer Sekretionsdiarrhoe.

Die Inkubationszeit für eine Kryptosporidiose beträgt 6 – 7 Tage. Eine klinische Manifestation findet sich vor allem bei Kälbern mit schlechter Abwehrlage im Alter von 1 – 4 Wochen.

Kokzidien

Sind Kokzidien am Kälberdurchfall beteiligt, handelt es sich i. d. R. um Eimeria bovis oder Eimeria zuerni. Ein durch Kokzidien verursachtes Krankheitsgeschehen betrifft überwiegend Jungtiere im Alter zwischen 10 Wochen und 2 Jahren. Der Infektionsweg verläuft durch Aufnahme infektiöser Oozysten mit kotverschmutztem Futter oder Wasser. Zum Durchfall kommt es dann 1 – 2 Tage nach Oozystenaufnahme, wobei Dickdarm und Blinddarm besiedelt werden. Die Permeabilität der Darmwand steigt, es resultieren Malabsorption und Darmblutungen. Die Tiere zeigen zum Teil einen starken, wässrig-blutigen Durchfall, Anorexie, allgemeine Schwäche und können sogar sterben. Es treten jedoch auch subklinische Verläufe auf. Unabhängig von der Verlaufsform werden als Folge der gestörten lokalen Immunabwehr häufig sekundäre Infektionen und Kümmern beobachtet. Die Erregereinschleppung erfolgt durch den Ankauf infizierter, subklinischer Trägertiere.

Strongyliden

Andere Endoparasiten, wie z. B. Strongyloides papillosus (= Zwergfadenwurm) sind zwar für Kälber nur wenig pathogen, aber ein massiver Befall, wie er bei schlechten Hygienebedingungen auftreten kann, kann Krankheitssymptome wie Atmungs- und Verdauungsstörungen mit intermittierendem Durchfall, aber auch Kümmern verursachen. Zusätzlich treten durch die Lungenwanderung der Parasiten Lungenschädigungen auf, die in Kombination mit bakteriellen und/oder viralen Infektionen Pneumonien auslösen können.

Behandlungsempfehlung

Symptomatische Therapie 

Bei Kälberdurchfall handelt es sich in den meisten Fällen um Mischinfektionen.  Da das Durchfallgeschehen aber unabhängig vom Erreger die gleichen Symptome und Folgen nach sich zieht, ist eine symptomatische Therapie wichtig. Exsikkose, Hypoglykämie und Azidose, die unabhängig voneinander verschieden stark ausgeprägt sein können, müssen behandelt werden.

Therapeutisch essentiell ist es, zu Beginn der Therapie den Wasserhaushalt durch Flüssigkeitszufuhr und die Elektrolytverluste durch Elektrolyttränken auszugleichen. Gute Rehydratationspräparate sollten Glucose als Energieträger enthalten und Puffersubstanzen, um der metabolischen Azidose entgegen zu wirken. Der Glucosegehalt darf jedoch nicht so hoch sein, dass es zur osmotischen Wirkung kommt. Zugesetzte Puffersubstanzen dürfen die Milchverdauung nicht beeinträchtigen, da in mehreren Studien gezeigt werden konnte, dass Absetzen der Milchtränke bei Durchfallkälbern obsolet ist. Empfehlenswerte Puffersubstanzen sind Acetat und Propionat, die - im Gegensatz zu Citrat und Bicarbonat - die Labgerinnung nicht negativ beeinflussen.

Bei leichten bis mittelschweren Durchfallgeschehen ist eine orale Rehydratation, die in die Milch oder den Milchaustauscher eingemischt wird,  meist ausreichend, vorausgesetzt die Kälber trinken noch. Wird keine Tränke mehr selbständig aufgenommen, müssen die bestehenden Verluste durch eine Infusion ausgeglichen werden. Bei rechtzeitiger Therapie setzt die Trinkbereitschaft schnell wieder ein.

Antibiotische Therapie

Zum Nachweis welche Erreger am Krankheitsgeschehen beteiligt sind, ist eine Kotuntersuchung durchzuführen. Die bakteriologische Untersuchung und ein Resistenztest erlauben gegebenenfalls einen gezielten Einsatz wirksamer Antibiotika. Bei einer Einzeltierbehandlung erfolgt die Verabreichung oral oder als Injektion, bei einer Gruppenbehandlung häufig als Futterzugabe. Allerdings wirken Antibiotika nur gegen Bakterien, nicht aber gegen andere beteiligte Erreger.

Als wirkungsvoll gegen Mischinfektionen mit bakterieller Beteiligung haben sich unter anderem Gyrasehemmer aus der Gruppe der Fluorchinolone erwiesen. Verschiedene Fluorchinolone sind wirksam gegen ein breites Spektrum gramnegativer und grampositiver Bakterien sowie Mykoplasmen und weisen eine günstige Resistenzsituation auf. Zu  beachten sind die Vorgaben der Tierärztlichen Hauspaotheken Verordnung sowie die Antibiotika-Leitlinien der Bundestierärztekammer (BTK).

Antiparasitäre Therapie

Zur Therapie bei Kryptosporidien und Kokzidien stehen spezielle Therapeutika zur Verfügung. Gegen Kryptosporidien ist der Wirkstoff Halofuginon verfügbar und gegen Kokzidienbefall ist unter anderem Toltrazuril zugelassen, das auch metaphylaktisch verwendet werden kann. Durch eine rechtzeitige Intervention kann die Kokzidiose erfolgreich kontrolliert und wirtschaftlichen Verlusten vorgebeugt werden.

Gegen Strongyloiden werden Breitbandanthelminthika eingesetzt. Verwendet werden können zum Beispiel Präparate mit dem Wirkstoff Levamisol aus der Gruppe der Imidazothiazole oder auch Benzimidazole oder makrozyklische Laktone.

Schmerzhemmende Therapie

Zusätzlich sollten bei Fieber oder akuten Erkrankungen entzündungshemmende Substanzen (Nichtsteroidale Anti-Inflammatorische Medikamente (NSAID´s)) eingesetzt werden. Diese führen zu einem Rückgang der Darmspasmen, einer Besserung des Allgemeinbefindens und einer Reduzierung des Flüssigkeitsverlustes.

Metaphylaxe / Prophylaxe

Kokzidienmetaphylaxe

Kokzidien gelten als ubiquitär vorkommend. Kälber infizieren sich an Artgenossen und an Oozysten aus der Umgebung. Da die Kokzidiose stets als Gruppenerkrankung auftritt und auch subklinische Verlaufsformen auftreten, kommt metaphylaktischen Maßnahmen eine besondere Bedeutung zu.

Zur Metaphylaxe der Kokzidiose ist ebenfalls der Wirkstoff Toltrazuril zugelassen. Durch den metaphylaktischen Einsatz können hohe wirtschaftliche Verluste begrenzt oder sogar gänzlich vermieden werden.

Mutterschutzimpfung

Prophylaktisch können gegen Infektionen mit Rotaviren, Coronaviren und E. coli Muttertierimpfungen durchgeführt werden. Dadurch bildet das Muttertier vermehrt Antikörper, die über das Kolostrum an das Kalb abgegeben werden. So ist das Kalb besser gegen die Erreger geschützt, bis es in der Lage ist, seine eigene Körperabwehr aufzubauen. Wichtig hierbei ist die frühzeitige Gabe und ausreichende Versorgung des Kalbes mit Kolostrum.

Management

Als weitere wichtige Prophylaxemaßnahmen sind die Einhaltung strenger Hygiene- und optimaler Fütterungsbedingungen anzusehen. Für Mutterkühe sollten getrennte, saubere Abkalbeplätze geschaffen werden, insbesondere für Erstkalbende. Erkrankte Kälber sollten mit der Mutterkuh isoliert werden, Tränkeeimer und –nippel sollten nach jeder Tränke gründlich gereinigt werden, die Kälberboxen vor der Neubelegung desinfiziert werden und das verabreichte Futter und Wasser möglichst sauber sein.

Wirtschaftliche Bedeutung

Die Durchfallproblematik bei Kälbern ist hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nicht zu unterschätzen. Neben den direkten Kosten durch Tierverluste sind auch indirekte Kosten wie der Mehraufwand für die Versorgung erkrankter Tiere und weitere Folgeschäden bedeutsam. Oft Kümmern die Kälber selbst nach überstandener Krankheit.

Kokzidiose

Unter Kokzidiose wird eine durch Einzeller der Gattung Eimeria verursachte Erkrankung verstanden. Es sind zahlreiche Eimeria-Arten bekannt, von denen beim Rind die Spezies Eimeria bovis, Eimeria zuernii und Eimeria alabemensis pathogen sind. Eimeria bovis und Eimeria zuernii sind in der Stallhaltung bei jungen Kälbern im zweiten und dritten Lebensmonat von Bedeutung, während Eimeria alabemensis Jungtiere nach dem ersten Weideaustrieb betrifft

Entwicklungszyklus der Kokzidien

Kokzidien sind wirtsspezifisch. Ihr Vermehrungszyklus besteht aus zwei ungeschlechtlichen und einer geschlechtlichen Phase, was zu einer explosionsartigen Vermehrung der Kokzidien bei günstigen Umweltbedingungen beiträgt.

Im Infektionszyklus können eine Umweltweltphase und eine Wirtsphase unterschieden werden. Die Umweltphase beginnt mit der ersten ungeschlechtlichen Vermehrung, der sogenannten Sporulation, bei der in einer Oozyste acht Sporenkörperchen entstehen. Bei Temperaturen von 20 bis 30 °C und genügend hoher Luftfeuchtigkeit dauert dieser Vorgang nur 1 - 3 Tage. Daran anschließend folgt die Wirtsphase. Die Oozysten werden vom Rind oral aufgenommen und gelangen in den Darm, wo die Oozystenhülle aufgelöst und die Sporenkörperchen freigesetzt werden. Jedes Sporenkörperchen dringt in eine Darmzelle ein und veranlasst diese zum Riesenwachstum. Innerhalb der entstehenden Riesenzellen erfolgt die zweite ungeschlechtliche Vermehrung, wobei es zu einer Vielfachteilung kommt, bei der Tausende von Teilungskörperchen entstehen.

Die nun riesigen Wirtszellen zerfallen und setzten so die Teilungskörperchen frei, die nun ihrerseits andere Darmzellen befallen. Es kommt zur zweiten Vielfachteilung und zur erneuten Freisetzung von Teilungskörperchen, die auch wieder in Darmzellen eindringen; sich aber nun geschlechtlich vermehren, sodass weibliche und männliche Formen entstehen. Die männlichen Teilungskörperchen teilen sich noch einmal, um dann die weiblichen Teilungskörperchen zu befruchten. Es reifen neue Oozysten mit einer widerstandsfähigen Hülle heran, die schließlich die Darmzellen verlassen. Bereits 10 - 15 Tage nach der Aufnahme sporulierter Oozysten werden mit dem Kot massenhaft neue infektiöse Kokzidienstadien in die Außenwelt ausgeschieden. Da aus einer Oozyste im Verlauf eines Zyklus Millionen neuer Oozysten entstehen, ist der Infektionsdruck enorm hoch.

Infektion

Die Übertragung von Tier zu Tier erfolgt durch orale Aufnahme der Oozysten mit kontaminiertem Futter. Kokzidienoozysten sind ubiquitär und fast in jedem Rinderbestand vorhanden, sodass i. d. R. alle Rinder irgendwann in ihrem Leben von der Infektion betroffen sind.

Klinischer Verlauf

Zum Krankheitsausbruch kommt es immer dann, wenn immunschwache Tiere in eine stark kontaminierte Umwelt gelangen.Eine mangelhafte Hygiene, Überbelegung, Stress durch Umstallung oder Futterwechsel, sowie schlechte Klimabedingungen begünstigen einen Krankheitsausbruch.

Ein akuter Krankheitsverlauf führt zu blutigem Durchfall, starkem Tenesmus, der bis zum Rektumprolaps führen kann, Anämie, Appetitlosigkeit und Dehydratation. Vereinzelt wurde auch von zentralnervösen Symptomen, wie Muskeltremor, Hyperästhesie, tonisch-klonische Krämpfe und Nystagmus berichtet, in deren Folge dann 90 % der Tiere verstarben , wobei der direkte Zusammenhang mit einer Kokzidieninfektion nicht eindeutig bewiesen ist.

Subklinischer Verlauf

In den meisten Fällen verläuft die Krankheit subklinisch, trotzdem lassen sich bei infizierten Kälbern Entwicklungsdefizite und Leistungsschwäche beobachten. Zudem scheiden diese unauffällig infizierten Tiere ständig neue infektiöse Eimerien aus und stellen so ein Risiko für gesunde Kälber dar. Die ökonomischen Verluste durch die subklinische Kokzidiose sind entsprechend beträchtlich.

Diagnose

Die Diagnose lässt sich über eine Kotuntersuchung in Zusammenhang mit entsprechenden klinischen Symptomen stellen. Die Oozysten im Kot können im Labor mit der McMaster-Methode lichtmikroskopisch nachgewiesen und die beteiligten Eimeria-Spezies differenziert werden. Auf Grund der intermittierenden Ausscheidung können mehrere Untersuchungen zum Nachweis der Oozysten nötig sein und ein einmalig negatives Untersuchungsergebnis schließt eine Kokzidiose demnach nicht aus.

Therapie

Symptomatische Therapie 

Bei der Therapie von Durchfallerkrankungen stehen die typischen Symptome und Folgen im Mittelpunkt. Die zu behandelnden Folgen des Durchfalls sind Exsikkose, Hypoglykämie und Azidose, die unabhängig voneinander verschieden stark ausgeprägt sein können.

Therapeutisch essentiell ist zu Beginn der Therapie den Wasserhaushalt durch Flüssigkeitszufuhr und die Elektrolytverluste durch Elektrolyttränken auszugleichen. Gute Rehydratationspräparate sollten Glucose als Energieträger enthalten und Puffersubstanzen, um der metabolischen Azidose entgegen zu wirken. Der Glucosegehalt darf jedoch nicht so hoch sein, dass es zu einer osmotischen Wirkung kommt. Zugesetzte Puffersubstanzen dürfen die Milchverdauung nicht beeinträchtigen, da in mehreren Studien gezeigt werden konnte, dass das Absetzen der Milchtränke bei Durchfallkälbern obsolet ist. Empfehlenswerte Puffersubstanzen sind Acetat und Propionat, die im Gegensatz zu Citrat und Bicarbonat die Labgerinnung nicht negativ beeinflussen.

Bei leichten bis mittelschweren Durchfallgeschehen ist eine orale Rehydratation in die Milch oder den Milchaustauscher eingemischt ausreichend, vorausgesetzt die Kälber trinken noch. Verweigern sie bereits die Tränkeaufnahme ist es erforderlich, die Verluste durch eine Infusion auszugleichen. Bei rechtzeitigem Therapiebeginn setzt dann oft auch die Trinkbereitschaft wieder ein.

Erregerspezifische Therapie

Für die erregerspezifische Behandlung stehen Kokzidiostatika zur Verfügung. Während man früher die Kokzidiose noch mit Sulfonamiden unter Kontrolle zu bringen versuchte, steht heute unter anderem der Wirkstoff Toltrazuril zur Verfügung. Bewährt hat sich dieser Wirkstoff vor allem, weil er im Gegensatz zu den Sulfonamiden alle intrazellulären Entwicklungsstadien abtötet und somit in jeder Erkrankungsphase wirksam ist. Die Ausbildung einer Immunität gegen die Einzeller, die dem Kalb Schutz vor einer erneuten Infektion bietet, wird durch Toltrazuril nicht behindert sondern sogar gefördert.

Prophylaxe

Haltungshygiene 

Wichtig sind auch Hygiene-Prophylaxemaßnahmen, da diese eine Übertragung infektiöser Oozysten und ihre Akkumulation in der Umgebung der Tiere verhindern. Dementsprechend sollte regelmäßig Kot aus dem Aufenthaltsbereich der Tiere entfernt werden. Die Stallungen sollten regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden, wobei darauf zu achten ist, dass die gewählten Mittel gegen Kokzidien wirksam sind (siehe die DVG-Desinfektionsmittel-Liste). Auch Tränken und Futtertröge sollten nicht mit Kot verunreinigt sein. Eine möglichst trockene Umgebung und -Einstreu reduziert die Entwicklung infektiöser Oozysten.

Weidemanagement

Besteht der Verdacht einer Weidekokzidiose, sollten die Kälber nicht auf Weiden ausgetrieben werden, auf denen im Vorjahr infizierte Tiere standen. Auch sehr feuchte Weiden sollten gemieden werden. Das Trocknen von Gras zu Heu bietet keine Garantie für eine Parasitenabtötung, da die Oozysten von Eimeria alabemensis auch im Heu mindestens 8 Monate infektiös bleiben können.

Erregerspezifische Maßnahmen

Da auch selbstlimitierende Durchfallerkrankungen häufig zum Kümmern der Tiere führen, sind die wirtschaftlichen Verluste, die durch die Kokzidiose entstehen können, nicht unerheblich. Im Rahmen einer metaphylaktischen Behandlung hat sich  Toltrazuril als sehr wirksam herausgestellt. Der Wirkstoff sollte etwa eine Woche vor erwartetem Auftreten klinischer Symptome verabreicht werden. So kann einer sub-/ klinischen Kokzidiose erfolgreich vorgebeugt werden und eine Schädigung der Darmwand, gefolgt von Kümmern und schlechteren Leistungen, kann verhindert werden. Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist die Metaphylaxe äußerst empfehlenswert.

E. coli

Escherichia coli (E. coli) ist ein Gram-negatives, säurebildendes Bakterium in Stäbchenform. Es gehört zur Familie der Enterobacteriaceae, d. h. es ist Teil der Darmflora und fakultativ anaerob.

E. coli Bakterien können schwerwiegende Infektionen hervorrufen. Die verschiedenen E. coli Stämme unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Pathogenität. Insbesondere enterohämorrhagische E. coli Keime (= EHEC) sind hochinfektiös und mittlerweile weltweit verbreitet. Untersuchungen zu Folge gelten in Deutschland etwa 50% der Rinderbestände als mit EHEC infiziert, wobei vor allem Milchviehbetriebe betroffen sind.

Durch E. coli verursachte Infektionen treten vorwiegend bei Kälbern, weniger häufig bei Jungrindern und selten bei erwachsenen Kühen auf. Auslöser eines Krankheitsausbruches können Imbalancen der Darmflora, Schäden in der Darmbarriere oder hochpathogene Erregerstämme sein. Bei Kälbern lassen sich zwei Formen der E. coli Infektion unterscheiden: Die Colibazillose und die Coliseptikämie.

Das wichtigste in Kürze zur Colibazillose

Ätiologie und Erregerspektrum 

Die Colibazillose, tritt vor allem bei Saugkälbern in der 1. und 2. Lebenswoche auf und zählt zu den häufigsten und verlustreichsten Bestandsproblemen. Verantwortlich sind E. coli Stämme, die sich im Duodenum und Jejunum ansiedeln und durch Bildung eines hitzestabilen Enterotoxins zur Diarrhö führen. Nicht selten tritt eine Mischinfektion mit Rota- und Coronaviren auf. Die Erregeraufnahme erfolgt in der Regel oral. Die Inkubationszeit beträgt ca. 24 bis 48 Stunden.

Symptome und klinischer Verlauf

Der Durchfall ist wässrig, gelblich-grau und zum Teil blutig durchsetzt. Meist sind die Verläufe schwer und es kommt zu Folgesymptomen wie Dehydratation, Trinkschwäche, Festliegen, kühlen Akren und Schock. Differentialdiagnostisch sind eine Salmonellose und ein diätetisch bedingter Durchfall auszuschließen.

Das „A und O“ der Therapie

Therapeutisch sind Flüssigkeits- und Elektrolytverluste auszugleichen, der Nährstoffbedarf zu decken und das erkrankte Tier warm und sauber zu halten. Zur Bekämpfung der pathogenen Colibakterien werden Antibiotika eingesetzt.

Sinnvolle Prophylaxe

Prophylaktisch wichtig ist die schnelle und ausreichende Versorgung mit Kolostrum, da die kolostralen Antikörper die systemische Abwehr steigern und gleichzeitig lokal gegen Darminfektionen schützen. Die Kolostralantikörper wirken sofort. Einen eigenen aktiven Immunschutz können Kälber ansonsten erst nach Monaten selbständig ausbilden.

In Durchfallproblembetrieben empfiehlt sich prophylaktisch eine Muttertierschutzimpfung, um eine stabile Herdenimmunität aufzubauen. Die Impfstoffe bewirken beim Muttertier eine Steigerung der Immunität gegen die Durchfallerreger und stärken nachfolgend über das Kolostrum die Abwehrlage der Kälber.
 

Das wichtigste in Kürze zur Coliseptikämie

Ätiologie 

Die Coliseptikämie ist eine eher seltene, systemische Infektion beim Kalb und tritt in den ersten Lebenstagen bei gleichzeitig bestehender Abwehrschwäche auf. Die Infektion erfolgt primär nasopharyngeal und nur selten oral oder omphalogen. Aufgrund der mangelnden Immunabwehr breiten sich die Erreger über den gesamten Körper aus.

Symptome und klinischer Verlauf

Durch die freigesetzten Toxine kommt es bei der akuten Coliseptikämie zur Bildung von Petechien und Ekchymosen auf den serösen Häuten und bei chronischem Verlauf zur Ausbildung einer serofibrinösen, manchmal auch eitrigen Polyarthritis. Das Allgemeinbefinden ist gestört, die Kälber zeigen Festliegen und zum Teil zentralvenöse Störungen.

Behandlung und Prophylaxe

Wie bei der Colibazillose ist auch als Prophylaxe gegen die Coliseptikämie eine frühzeitige und ausreichende Kolostrumaufnahme essentiell. Gegen die Colibakterien sind ebenfalls Antibiotika einzusetzen und prophylaktisch eine Muttertierschutzimpfung zu empfehlen, die je Erregerstamm mit einem konventionellen Impfstoff oder einer stallspezifischen Vakzine erfolgen kann.

Rindergrippe = Enzootische Bronchopneumonie

Die Enzootische Bronchopneumonie der Rinder, auch Kälbergrippe oder Rindergrippe genannt, zählt zu den Faktorenkrankheiten, d. h. ätiologisch sind belebte und unbelebte Faktoren zu berücksichtigen. Zu den belebten Faktoren zählen Viren und Bakterien.

Es können mehr als 20 Virusarten mit der Enzootischen Bronchopneumonie assoziiert werden, wovon jedoch nur wenige zu einer klinisch manifesten Krankheit führen. Eine bedeutendere Rolle nehmen die Bakterien ein, insbesondere Mannheimia haemolytica und Pasteurella multocida, da diese Leukotoxin freisetzen, welches die Leukozyten irreversibel schädigt. Zu den unbelebten Faktoren zählen unter anderem eine

  • Überbelegung der Ställe („crowding“ assoziierte Form; „Crowding disease), 
  • unzureichende Stallbelüftung, 
  • schlechtes Stallklima durch Temperaturschwankungen oder 
  • zu starke Luftbewegungen. 

Formen der Enzootischen Bronchopneumonie

Die Enzootische Bronchopneumonie der Rinder ist eine Faktorenkrankheit, d. h. ätiologisch sind belebte und unbelebte Faktoren zu berücksichtigen. Zu den belebten Faktoren zählen Viren und Bakterien. Dabei werden mehr als 20 Virusarten mit der Enzootischen Bronchopneumonie assoziiert, wovon jedoch nur wenige zu einer klinisch manifesten Krankheit führen. Eine bedeutendere Rolle nehmen die sekundär hinzukommenden Bakterien ein, insbesondere Mannheimia haemolytica und Pasteurella multocida, da diese Leukotoxin freisetzen, welches die Leukozyten irreversibel schädigt. Zu den unbelebten Faktoren zählen unter anderem eine

  • Überbelegung der Ställe („crowding“-assoziierte Form), 
  • unzureichende Stallbelüftung, 
  • schlechtes Stallklima z. B. durch Temperaturschwankungen und 
  • zu starke Luftbewegungen. 
     

Risikogruppen

Es erkranken vorwiegend Kälber im Alter von 2 Wochen bis 4 Monaten. Am häufigsten sind Kälber in der fünften und sechsten Lebenswoche betroffen. Die erhöhte Anfälligkeit dieser Altersgruppe lässt sich erklären durch

  • die immunologische Lücke: Schwächer werdende passive Immunität durch die Kolostrumversorgung und gleichzeitig langsamer Aufbau des eigenen Immunsystems 
  • eine ungenügenden Kolostrum- bzw. Antikörperversorgung nach der Geburt
  • die spezielle Anatomie der Rinderlunge und einer bei Geburt ungenügenden Lungenreifung. Die volle Ausreifung der Lunge ist erst nach ca. 12 Monaten abgeschlossen.
     

Erregerspektrum

Primärerreger

Primär infizieren häufig Viren die Atemwege und bereiten so den Weg für bakterielle Sekundärinfektionen. Nur einzelne Viren spielen eine Rolle als Primärerrger, darunter das Bovine Respiratorische Synzytial Virus (BRSV) und das Parainfluenza-3-Virus. Einzelne Bakterien kommen aber ebenfalls als alleinige Primärerreger in Betracht, darunter Mannheimia haemolytica Serovar A1 und A6 und Pasteurella multocida. Alle diese Erreger können ein eigenständiges Krankheitsgeschehen auslösen.

Virale Erreger

BRSV

Das BRSV hat im Zusammenhang mit der Enzootischen Bronchopneumonie die größte Bedeutung. Es handelt sich um ein RNA-Virus bzw. um ein Pneumovirus, das zur Familie der Paramyxoviridae gehört und weltweit vorkommt. Epidemiologischen Untersuchungen zufolge besitzen in Deutschland 70 % der Rinder Antikörper gegen BRSV. Das Virus besitzt eine große Affinität zu den Schleimhautzellen des Respirationstraktes. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Die Inkubationszeit beträgt 2 – 5 Tage.

Klinischer Verlauf 
Zuerst gelangt das Virus in den oberen Respirationstrakt, wo es sich im Zytoplasma der Flimmerepithelzellen vermehrt und so die mukoziliäre Clearance reduziert. Außerdem beeinträchtigt BRSV ebenso wie das Parainfluenza-3-Virus die Phagozytosetätigkeit der Alveolarmakrophagen. Schließlich kommt es zur Besiedlung des unteren Respirationstraktes und zur interstitiellen Pneumonie. Klinisch werden zwei Stadien unterschieden: 

  • Das erste Stadium verläuft mild und dauert 1 – 5 Tage. Die Tiere zeigen Nasenausfluss, Speicheln und Fieber. 
  • Das sich anschließende zweite Stadium dauert 5 – 7 Tage und verläuft schwerwiegender. Die Tiere zeigen Dyspnoe, Maulatmung, Speicheln, Kehlgangsödem, petechiale Blutungen auf den Schleimhäuten, sowie Anorexie, Obstipation und Emphyseme an Schulter und Hals.
     

Infektionsverlauf

Die Erregerausscheidung hält noch ca. 3 Wochen nach überstandener Infektion an. Es bildet sich keine stabile Immunität aus, d. h. die gebildeten Antikörper schützen nicht zuverlässig vor einer erneuten Infektion mit dem Virus. In der Regel ist der gesamte Bestand betroffen. Infiziert sich ein Tier 2 – 3 Monate nach Erstinfektion erneut, kommt es i.d.R. zu einer subklinischen Verlaufsform.

Parainfluenza-3-Virus

Parainfluenza-3-Viren gehören wie BRSV zu den Paramyxoviridae. Sie sind auch bei gesunden Tieren im oberen Atemtrakt anzutreffen. Durch Stress oder schlechte Haltungs- oder Umweltbedingungen kann eine Enzootische Bronchopneumonie ausgelöst werden. Befallen werden dabei hauptsächlich die Flimmerepithelzellen der Trachea, sowie Bronchien und Bronchiolen. Es kommt zu einer milden Form der interstitiellen Bronchopneumonie mit erhöhter Atemfrequenz, leichtem Fieber, Nasenausfluss und Husten.

Bakterielle Erreger

Mannheimia haemolytica 

Bei Beteiligung von Mannheimia haemolytica sorgen vor allem die Serotypen A1 und A6 für einen Krankheitsausbruch. Zuerst vermehren sich die Erreger im oberen Respirationstrakt und besiedeln schließlich die unteren Atemwege bis hin zu den Alveolen. Es kommt zu einer fibronekrotisierenden Pneumonie, die je nach Schweregrad auch einen letalen Verlauf nehmen kann.

Pasteurella multocida

Eine Enzootische Bronchopneumonie ausgelöst durch Pasteurella multocida [strong] kann akut, subakut oder chronisch verlaufen. Die Virulenz von Pasteurella multocida beruht hauptsächlich auf der Präsenz einer Kapsel, die das Bakterium vor der Phagozytose im Rahmen der unspezifischen Abwehr schützt. Pasteurella multocida befindet sich ebenso wie Mannheimia haemolytica auch bei gesunden Tieren auf den Schleimhäuten der oberen Atemwege, weshalb der Nasen-Rachen-Raum als Eintrittspforte gilt. Erst eine durch verschiedene Faktoren begünstigte Zunahme der Besiedlung des Nasen-Rachen-Raumes ermöglicht ein Vordringen in die unteren Atemwege mit nachfolgender Erkrankung. Bei der Sekundärinfektion mit Pasteurella multocida steht eine fibrinöse Bronchopneumonie im Vordergrund, die i. d. R. weniger stark ausgeprägt ist als die durch Mannheimia haemolytica verursachte Bronchopneumonie.

Behandlungsempfehlung

Wesentlich für den Therapieerfolg ist ein schneller Behandlungsbeginn. Verschleppte Infektionen führen oft zu schwerwiegenden, chronischen Lungenschäden, die unweigerlich ein Kümmern der Tiere zur Folge haben.
Therapeutisch eingesetzt werden können Antibiotika und Bronchosekretolytika, sowie nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs).
Die Anwendung von Paraimmunitätsinducern ist umstritten. Auch wenn die am Krankheitsgeschehen beteiligten Viren durch den Einsatz von Antibiotika nicht erfasst werden, tritt bei sofortigem Beginn der Therapie bei 85 – 90 % aller betroffenen Tiere innerhalb von 24 Stunden eine nachhaltige Besserung ein. Empfehlenswert ist in jedem Fall vor Behandlungsbeginn die Erstellung eines Antibiogramms und eines Resistenztests. Bei Einsatz von schleimlösenden Bronchospasmolytika sollte auf die Zulassung für lebensmittelliefernde Tiere geachtet werden. Ansonsten können auch Sekretolytika eingesetzt werden.
Nichtsteroidale Antiphlogistika führen zur Fiebersenkung und Besserung des Allgemeinbefindens. 
 

Prophylaxe

Wirtschaftliche Bedeutung 

Aufgrund der hohen wirtschaftlichen Verluste, die sich durch die Enzootische Bronchopneumonie ergeben, kommen den vorbeugenden Maßnahmen eine besondere Bedeutung zu. Prophylaktische Maßnahmen bestehen dabei aus 

  • einer Optimierung der Haltungsbedingungen und 
  • einer Verbesserung des Managements und 
  • Schutzimpfungen.
     

Impfmaßnahmen

Schutzimpfungen sind Teil eines Herdenmanagementprogramms. Der Einsatz des Impfstoffs soll die Ausbildung spezifischer und unspezifischer Abwehrreaktionen gegen bestimmte Antigene stimulieren. Eine aktive Immunisierung der Tiere soll gezielt eine langanhaltende und stabile Immunität hervorrufen. Die Booster-Impfung sorgt für einen erneuten Antigenkontakt, sodass die Immunantwort entsprechend verstärkt wird. Darüber hinaus bewirkt eine Schutzimpfung in Abhängigkeit von dem verwendeten Adjuvans und der Verabreichungsform auch die Stärkung der unspezifischen Abwehr.

Kombinationsvakzinen

In Deutschland sind mittlerweile Kombinationsvakzinen zugelassen, die einen Totimpfstoff enthalten, der die Bildung von Antikörpern gegen BRSV, Parainfluenza-3-Virus und Mannheimia haemolytica Serotyp A1 und A6 induziert. Die humorale Immunantwort für BRSV und Parainfluenza-3-Virus ist am besten etwa 2 Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung ausgebildet, sodass eine Impfung nach Möglichkeit mindesten 2 Wochen vor vorhersehbaren Risikoperioden, Stresssituationen oder Transporten durchgeführt werden sollten.
Der Kombinationsimpfstoff ist für Kälber ab der 2 Lebenswoche zugelassen, sodass durch frühzeitige Impfung die Keimmanifestation verhindert werden kann. Die Kälber sollten zweimal im Abstand von ca. 4 Wochen geimpft und die Impfung mindestens zwei Wochen vor Risikoperioden wiederholt werden. Die Grundimmunisierung sollte aber in jedem Fall zu Beginn der Mast abgeschlossen sein, ansonsten sollte sie unter Quarantänebedingungen erfolgen. Es sollten stets alle impffähigen Tiere eines Bestandes geimpft werden, da sonst Impflücken entstehen, die eine Erregerausbreitung begünstigen und somit zum verstärkten Auftreten von klinischen Erkrankungen führen können.
 

Mutterschutzimpfungen

In Beständen mit gehäuftem Auftreten Enzootischer Bronchopneumonien, sollte zusätzlich eine Muttertierimpfung 8 bzw. 4 Wochen ante partum durchgeführt werden. Dadurch wird das Kolostrum mit Antikörpern gegen BRSV, Parainfluenza-3-Virus und Mannheimia haemolytica angereichert, sodass ein wirksamer passiver Schutz der Kälber erzielt wird, bis diese das impffähige Alter erreicht haben.

Management

Als wichtigste Präventionsmaßnahe ist jedoch die Optimierung der Haltungsbedingungen anzusehen. Dazu gehört unter anderem die Analyse und anschließende Verbesserung der Luftqualität. Staubgehalt, Schadstoffkonzentration (Ammoniak), Keimgehalt und Luftfeuchtigkeit müssen so gering wie möglich gehalten werden. Zugluft und große Luftgeschwindigkeiten sind zu vermeiden und nach Möglichkeit sollten die Stallbedingungen den klimatischen Außenbedingungen entsprechen. Auch sollten die Tiere nach Altersgruppen getrennt werden und die Ställe im Rein-Raus-Verfahren mit gründlicher Zwischenreinigung und Zwischendesinfektion belegt werden. Auch ist darauf zu achten, dass Futter und Wasser ausschließlich in einwandfreier Qualität angeboten werden. Zugekaufte Tiere sollten zunächst separat aufgestallt und vor Eingliederung gründlich untersucht werden.

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